Eine gemeinsame Forschungsgruppe der Medizinischen Universität Wien und des King’s College London hat einen ,,Proteom Atlas" atherosklerotischer Plaques vorgestellt, der wichtige geschlechtsspezifische Unterschiede in der Entwicklung und Prognose von Atherosklerose aufdeckt. Die Studie identifizierte vier Schlüsselproteine, die die künftige kardiovaskuläre Mortalität besser vorhersagen können als herkömmliche Methoden. Diese Erkenntnisse, die aktuell im Journal Circulation Research veröffentlicht wurden, könnten die Prävention von Herzinfarkt und Schlaganfall verbessern.
Herzinfarkt und Schlaganfall sind nach wie vor die häufigsten Todesursachen in Europa und den USA. In einem wegweisenden Schritt zur Verbesserung der Prävention und Behandlung dieser gefährlichen Erkrankungen haben die Arbeitsgruppen um Johann Wojta von der Universitätsklinik für Innere Medizin II der Medizinischen Universität Wien und Manuel Mayr vom King’s College London sowie Professor des Cardiovascular Clusters an der MedUni Wien eine wegweisende Studie durchgeführt.
Diese Studie umfasste die bisher größte Proteom-Analyse atherosklerotischer Plaques (verhärtete Stellen in der Arterienwand). Anhand von 219 chirurgisch entnommenen Endarteriektomieproben aus der Karotis von 120 Patient:innen untersuchten die Forscher:innen spezifische Muster in der Expression von Proteinen in atherosklerotischen Läsionen. Die Ergebnisse der Studie wurden in einer externen Patient:innen-Kohorte aus den Niederlanden bestätigt.
Männer haben mehr Entzündungen, Frauen mehr Verkalkungen
Die Ergebnisse zeigten, dass Entzündung und Kalzifizierung, zwei wesentliche pathophysiologische Prozesse bei der Entwicklung von atherosklerotischen Plaques, geschlechtsspezifische Unterschiede aufweisen. Interessanterweise wurden bei Männern häufiger entzündliche Plaques gefunden, während bei Frauen häufiger kalzifizierte Plaques auftraten. Die Studie zeigte vielmehr, dass bei Frauen auch kalzifizierte Plaques prognostisch relevant sind, und genauso wie entzündliche Plaques bei Männern, mit erhöhtem kardiovaskulären Risiko assoziiert sind. Diese Erkenntnis widerlegt die bisher geltende Meinung, dass vor allem entzündliche Plaques mit kardiovaskulären Ereignissen in Verbindung stehen.
Die Analyse des Proteoms kann die herkömmlichen histologischen Untersuchungen und bildgebenden Verfahren im klinischen Alltag ergänzen. In der vorliegenden Studie wurde eine Proteinsignatur von vier Schlüsselproteinen - Calponin, Protein C, Serpin H1 und Versican - identifiziert, die sich als herkömmlichen Methoden wie der Histologie oder der Bildgebung Überlegen in der Prognose zukünftiger kardiovaskulärer Mortalität erwies.
,,Diese Ergebnisse tragen nicht nur dazu bei, unsere Kenntnisse über geschlechtsspezifische Unterschiede in pathophysiologischen Prozessen, die zur Entwicklung und Progression der Atherosklerose beitragen, zu vertiefen, sondern leisten auch einen wichtigen Beitrag zur Identifizierung von Patient:innengruppen mit erhöhtem Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse in der Zukunft", erklärt Co-Studienleiter Johann Wojta.
Laut Forschungsteam haben die Ergebnisse dieser Studie das Potenzial, das Verständnis von geschlechtsspezifischen Unterschieden in der Pathogenese der Atherosklerose zu erweitern und damit die Prävention und Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Zukunft zu verbessern.
Publikation: Circulation Research
Proteomic Atlas of Atherosclerosis: The Contribution of Proteoglycans to Sex Differences, Plaque Phenotypes, and Outcomes
Theofilatos K, Stojkovic S, Hasman M, van der Laan SW, Baig F, Barallobre-Barreiro J, Schmidt LE, Yin S, Yin X, Burnap S, Singh B, Popham J, Harkot O, Kampf S, Nackenhorst MC, Strassl A, Loewe C, Demyanets S, Neumayer C, Bilban M, Hengstenberg C, Huber K, Pasterkamp G, Wojta J, Mayr M. Proteomic Atlas of Atherosclerosis: The Contribution of Proteoglycans to Sex Differences, Plaque Phenotypes, and Outcomes. Circ Res. 2023 Sep 15;133(7):542’558 . doi: 10.1161/CIRCRESAHA.123.322590. Epub 2023 Aug 30. PMID: 37646165; PMCID: PMC10498884.