Das Projekt mit dem Titel "Immaterielle und Unsichtbare Interessen, Verborgene Akteure und Ausgeschlossene Wählerschaften: Die Politik der Abwesenheit Verstehen" (kurz: INCONEX) rückt die Kehrseite der Medaille politischer Repräsentation in den Fokus und versucht diese Politik der Abwesenheit zu verstehen: Bedeutet beispielsweise das Eintreten für "die Armen", nicht für "die Reichen" einzutreten? Bedeutet die Vertretung ländlicher Interessen, städtische Interessen nicht zu berücksichtigen? Und führt die Repräsentation junger Menschen zur Vernachlässigung der Anliegen der Älteren? Wie prägen Stereotype, Angst vor Diskriminierung oder politische Desillusionierung diese Muster der Abwesenheit?
Erstaunlich wenig Wissen über die Politik der Abwesenheit
Diese Fragen stellt das Projekt aus einem gewichtigen Grund: Die Abwesenheit von Repräsentation steht im Zentrum der aktuellen Krise in modernen Demokratien. Viele Bürger:innen fühlen sich zunehmend im Stich gelassen. Politiker:innen haben Schwierigkeiten zu wissen, was ihre Wähler:innen wollen. Dies untergräbt nicht nur das Vertrauen der Bürger:innen in demokratische Institutionen, sondern schürt auch Euroskepsis und Populismus auf Kosten der Stabilität und Widerstandsfähigkeit der Demokratie - und das nicht nur in Europa."Wir Politikwissenschaftler:innen haben fundierte Theorien und empirische Erkenntnisse darüber, wer im politischen Prozess präsent gemacht wird, wissen jedoch erstaunlich wenig über die Kehrseite dieser politischen Repräsentation. Das Projekt INCONEX verändert grundlegend, wie wir über politische Repräsentation nachdenken, indem es den Blick von der Anwesenheit auf die Abwesenheit lenkt. Vor allem aber zeigt es Wege auf, wie die Abwesenheit von Repräsentation Überwunden werden kann, um dadurch das Funktionieren der Demokratie in Europa und darüber hinaus zu stärken", erklärt Lucy Kinski. Es ginge darum Machtdynamiken aufzudecken, Ungleichheiten zu erkennen und Empfehlungen für bessere Politikentscheidungen gegen die Abwesenheit abgeben zu können, konkretisiert die Projektleiterin.
Mit der ERC Grant-Summe von 1,5 Millionen Euro wird sie für ihr Projekt vier Positionen (1 Postdoc, 2 Dissertant:innen und 1 Studienassistent:in) finanzieren. Gemeinsam wird das Team in den kommenden 5 Jahren verschiedene repräsentative Demokratien - darunter die EU und nationale politische Systeme, wie Deutschland und Österreich - untersuchen, wissenschaftliche Debatten anstoßen und bessere Politikentscheidungen initiieren.