Die Zahl und Stärke von Stürmen und sonstigen Extremwetterereignissen nimmt weltweit zu. Eine aktuelle Studie der MedUni Wien in Kooperation mit den US-Centers for Disease Control and Prevention (CDC) zeigt am Beispiel einer der größten US-amerikanischen Tornado-Serien aller Zeiten, dass die Verletzungsgefahr durch die Nutzung bestimmter Medien deutlich sinkt.
Mehrere Dutzend Tornados zogen im April 2011 über den Südosten der USA und sorgten für ein Bild der Verwüstung. Thomas Niederkrotenthaler vom Zentrum für Public Health der MedUni Wien nahm diese drittgrößte Tornado-Serie der US-Geschichte zum Anlass für eine Studie, die soeben in der aktuellen Ausgabe des internationalen Top-Journals PLOS ONE erschien.
Fernsehen und Social Media schützen besonders gut
Gemeinsam mit seinem Forschungsteam untersuchte Niederkrotenthaler, welche Verhaltensfaktoren das Verletzungsrisiko reduzieren bzw. erhöhen. Die ForscherInnen konzentrierten sich dabei insbesondere auf die Mediennutzung der Betroffenen, die in diesem Zusammenhang bisher noch nie wissenschaftlich untersucht worden war. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Menschen, die während der Tornado-Serie Medien intensiv zur Aufklärung nutzten, ein deutlich geringeres Verletzungsrisiko aufwiesen. Protektiv wirkten vor allem Fernsehen und Internet und hier besonders Warnungen via soziale Medien wie Twitter und Facebook.
„Die Medien leisteten eine exzellente Arbeit. Sie sagten sehr genau voraus, durch welche Straßen und an welchen Orten die Tornados durchziehen würden, und informierten laufend über Änderungen der Vorhersagen. Die Nutzer der entsprechenden Medien konnten sich dadurch effektiv vor den Folgen der Stürme schützen“, so Niederkrotenthaler. Die große Schutzwirkung von Medien hat ihre Ursache in einem wesentlichen Charakteristikum von Tornados. Denn anders als Hurricanes lässt sich ihr genauer Weg erst sehr kurz vor ihrem Eintreffen vorhersagen. Die Zielvorwarnzeit des US National Weather Services beträgt nur 15 Minuten“.
Anpassung der US-Präventionsrichtlinien aufgrund der MedUni Wien/CDC Studie
Die Medien sind aber auch aus einem weiteren Grund wichtig: Rund 20 Prozent der Verletzungen passieren erst nach einem Tornado, vor allem bei den Aufräumarbeiten. Besonders gefährlich und häufig sind umstürzende Bäume sowie Unfälle mit Kettensägen. Ein Ergebnis, das zu einer Anpassung der US-amerikanischen Präventionsrichtlinien führte. Dazu Niederkrotenthaler: „Als Folge unserer Studie wurden die Tornadopräventionsleitlinien angepasst. Die Medien informieren die Bürgerinnen und Bürger nun darüber, dass man auch nach Tornados besonders vorsichtig sein muss.“
Als weiteren wichtigen Schutzfaktor identifizierte das international zusammengesetzte Forschungsteam das Aufsuchen von Schutzund Kellerräumen. Niederkrotenthaler: „Insgesamt sind es vor allem Faktoren der Primärprävention, die hier Leben retten. Es gab in Alabama allein 212 Todesfälle durch den Tornadoausbruch, die meisten Opfer erreichten jedoch kein Krankenhaus, was die Relevanz der Primärprävention besonders unterstreicht.“ Entsprechend leisteten auch Tornadosirenen einen wesentlichen Beitrag zum Schutz der Zivilbevölkerung. Sie ertönen zwar auch häufig infolge von Fehlalarmen, die Betroffenen stumpften dadurch überraschenderweise aber nicht ab – im Gegenteil: „Leute, die schon früher Sirenen gehört hatten, als dann tatsächlich ein Tornado kam, schützten sich auch bei der von uns untersuchten Tornado-Serie besser als andere“, so Niederkrotenthaler.
Service: PLOS ONE
„Injuries and Post-Traumatic Stress Following Historic Tornados: Alabama, April 2011“. Thomas Niederkrotenthaler, Erin M Parker, Fernando Ovalle, Rebecca E Noe, Jeneita Bell, Likang Xu, Melissa A Morrison, Caitlin E Mertzlufft, David E Sugerman. (2013) PLOS ONE, http://dx.plos.org/10.1371/journal.pone.0083038
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