Von der einzelnen Zelle über mikroskopisch kleine Gewebeproben bis hin zur Fruchtfliege: Wenn man biologisches Material erforschen will, braucht man dazu oft ganz spezielles Gerät. An der TU Wien wurde nun die Plattform ,,LifeScope3D" aufgebaut, um optimale Ausstattung gewährleisten zu können - für die Untersuchung von dreidimensionalen multizellulären Strukturen wie Organoiden oder Zellclustern. Am Campus Getreidemarkt steht nun eine ganze Reihe spezieller Geräte zur Verfügung. Nicht nur für biologisches Material ist das interessant, sondern beispielsweise auch für winzige Strukturen aus dem 3D-Drucker, die man für die Herstellung von künstlichem Gewebe benötigt.
Als Projektleiterin verwaltet die Molekularbiologin Dr. Mina Petrovic die neue Plattform, entstanden ist LifeScope3D durch eine Zusammenarbeit von Aleksandr Ovsianikov (Institut für Werkstoffwissenschaft und Werkstofftechnologie), Prof. Philipp Thurner (Institut für Leichtbau und Struktur-Biomechanik) und Gerhard Schütz (Institut für Angewandte Physik). Die Plattform soll aber auch allen anderen Forschungsgruppen zugänglich sein - innerhalb und außerhalb der TU Wien. So soll durch LifeScope3D ein Knotenpunkt entstehen, der interdisziplinäre Forschung im Bereich von Zellkulturen und der künstlichen Herstellung von Gewebe fördert und vernetzt. Möglich wurde das durch eine Förderung der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG.
Unterschiedliche Messapparaturen
,,Bei uns kann man biologische Strukturen nicht nur in einer Ebene abbilden, sondern vollständig dreidimensional analysieren", erklärt Mina Petrovic. ,,Das ist für viele Anwendungen in der Biologie von großer Bedeutung." So kann man etwa mit einem Spezialmikroskop der neuen Forschungsplattform die Proben mit sogenannten ,,Lattice Light Sheets" durchleuchten. Statt eines Lichtstrahls, der die Probe Punkt für Punkt abrastert oder komplett durchleuchtet, erzeugt man eine extrem dünne zweidimensionale Lichtfläche, mit der man die Probe Schicht für Schicht durchdringt. Jedes Mal werden dann nur jene Farbstoffe in der Probe detektiert, die sich in dieser dünnen Lichtfläche befinden, woraus sich dann am Computer ein dreidimensionales Bild mit hohem Kontrast zusammensetzen lässt.Doch nicht nur mit optischen Methoden kann man Proben untersuchen - auch mechanische Experimente spielen eine wichtige Rolle. Man kann die Probe auf exakt definierte Weise einer mechanischen Belastung aussetzen, sie dadurch quetschen und messen, wie sie sich dabei deformiert. Auch daraus lassen sich wertvolle Erkenntnisse ableiten, weil man damit den Druck simulieren kann, dem Zellen in verschiedenen Bereichen des Körpers ausgesetzt sind.
Auch ein Bio-Sorter wird in der neuen Forschungsplattform eingesetzt: ,,Biologische Proben sind selten völlig einheitlich, sondern eher eine Mischung unterschiedlicher Größen und Eigenschaften", erklärt Mina Petrovic. ,,Im Bio-Sorter wird zum Beispiel eine Mischung aus verschiedenen multizellulären sphärischen Strukturen an einem Laserstrahl vorbeigeführt, mit dem sie blitzschnell analysiert und gezählt werden können."
Zugänglich für alle
Zahlreiche Forschungsgruppen aus unterschiedlichen Fakultäten der TU Wien forschen an biologischen Proben - für sie alle wird LifeScope3D neue Analysemethoden eröffnen. Doch auch mit Forschungsteams außerhalb der TU Wien will man zusammenarbeiten: ,,Grundsätzlich ist LifeScope3D für alle Gruppen mit passenden Forschungsprojekten offen", sagt Mina Petrovic. ,,Wer unsere Geräte nutzen möchte, kann mit uns in Kontakt treten und passende Timeslots vereinbaren, wir stehen dann auch beratend zur Seite und helfen bei der korrekten Durchführung der Experimente."Dabei ist die Forschung auch nicht unbedingt auf biologische Materialien beschränkt. ,,Die Geräte sind für biologische Analysen bestens geeignet, aber wer weiß - vielleicht kommen auch spannende Forschungsanfragen aus anderen Disziplinen, an die wir heute möglicherweise noch gar nicht denken", sagt Mina Petrovic.