Wie aus einer anderen Welt wirken die wabenförmigen Muster, die oft in Salzwüsten unter anderem im Death Valley und in Chile vorkommen. Forschende, u.a. von der TU Graz, erklären erstmals die Entstehung der rätselhaften Muster.
Rund um den Globus bilden sich in Salzwüsten wabenförmige Muster, etwa im Badwater Basin des Death Valley i n Kalifornien oder im Salar de Uyuni in Chile. Die rätselhaften Salzstrukturen ziehen jährlich zehntausende Besucher*innen an und auch als Filmkulisse kommen sie zum Einsatz, beispielsweise in ,, Star Wars : Die letzten Jedi", wo die außerirdisch anmutenden Muster des Salar de Uyuni in Chile als Szenerie für den Wüstenplaneten Crait dienten.Warum sich diese Muster bilden, war bislang unbekannt. Vermutet wurde, dass die Salzkruste der Wüste austrocknet und sich Risse bilden, aus denen die Muster wachsen. Ein anderer Ansatz erklärt die Musterbildung damit, dass die Salzkruste kontinuierlich wächst und sich aus Platzmangel aufwölbt und damit die Muster bildet. Keine dieser beiden Erklärungen kann jedoch die immer gleichbleibende Größe - ein bis zwei Meter - und wabenförmige Form der Muster begründen. Eine plausiblere Erklärung liefert nun Jana Lasser vom Institute of Interactive Systems and Data Science der TU Graz gemeinsam mit Forschern aus Deutschland und England: Im Fachmagazin Physical Review X beschreiben sie, dass Konvektion von salzhaltigem Wasser im Untergrund für die wabenförmige Ausbildung der Salzmuster verantwortlich ist. Auch die immer gleiche Größe der Waben von ein bis zwei Metern und die Geschwindigkeit, mit der die Muster wachsen, lässt sich darauf zurückführen.
Von der Neugier getrieben
Erstautorin Jana Lasser von der TU Graz sagt: ,,Das ist ein tolles Beispiel für von Neugier getriebener Grundlagenforschung. Die Natur gibt uns ein offensichtliches und faszinierendes Rätsel auf, das unsere Neugier anregt und uns dadurch dazu auffordert, es zu lösen - auch ohne direkte weitere Anwendungsmöglichkeit im Hinterkopf." Um diesem Rätsel der Natur auf die Schliche zu kommen, haben Lasser und Co. die Forschungsgebiete der Fluiddynamik aus der Physik sowie der Geomorphologie aus den Geowissenschaften kombiniert und das Phänomen aus mehreren Richtungen untersucht: Sie haben in Laborexperimenten beobachtet, wie sich salzhaltiges Wasser in sandigen Böden bewegt, in numerischen Simulationen die Längenskala der Muster unter verschiedenen Bedingungen analysiert und in zwei Feldstudien in Kalifornien die Muster in der Natur beobachtet und Proben gesammelt um zu zeigen, dass die Strömungen im Untergrund mit den an der Oberfläche sichtbaren Mustern zusammenhängen. Als erste Forschungsgruppe haben sie in einem Video festgehalten, wie das Salzmuster wächst.Wabenförmige Muster dank Konvektion
Die von den Forschenden in Experimenten, Simulationen und Feldstudien zusammengetragenen Hinweise deuten alle auf ein konsistentes Bild hin: Der treibende Mechanismus für die Musterbildung ist durch Konvektion ausgelöste Zirkulation von salzigem Wasser im Boden unter der Salzkruste. Die Salzwüsten, in denen diese Muster auftreten, sind nämlich keineswegs knochentrocken. Im Gegenteil: Das stark salzhaltige Grundwasser reicht oft bis direkt unter die Salzkruste. Wenn das Wasser dann in der heißen Sommersonne verdunstet, bleibt das Salz zurück. Dadurch wird das Grundwasser direkt unter der Oberfläche salzhaltiger und damit schwerer als das frischere, darunterliegende Wasser. Überschreitet dieser Unterschied im Salzgehalt eine gewisse Schwelle, fängt das salzigere Wasser nahe der Oberfläche an, nach unten zu sinken, während von unten frischeres Wasser aufsteigt. Ähnlich wie warmes und kaltes Wasser, das durch Konvektion in Heizkörpern zirkuliert, bilden sich im Untergrund Konvektionsrollen von salzigem und weniger salzigem Wasser. Eine einzelne Konvektionsrolle würde sich dabei kreisförmig ausbilden, da diese Form das von der Konfektionsrolle umschlossene Volumen maximiert, während der Umfang minimiert wird. Durch die Anordnung mehrerer Konvektionsrollen nebeneinander im Boden werden sie allerdings ,,zusammengedrückt" und ergeben sechseckige, wabenförmige Muster, an deren Rändern sehr salzhaltiges Wasser nach unten sinkt. An Stellen mit besonders hohem Salzgehalt kristallisiert auch an der Oberfläche vermehrt Salz aus. Die entstehende Kruste bildet mit der Zeit die erhöhten Buckel und Kanten aus, die das wabenförmige Salzmuster ergeben.Neben der Befriedigung der Neugier hilft ein Verständnis der Topographie von Salzwüsten bei der Vorhersage darüber, wie viel mineralhaltiger Staub sich von den Oberflächen der Salzwüsten löst und in die Atmosphäre gewirbelt wird. Dieser Staub spielt wiederrum eine wichtige Rolle bei der Bildung von Wolken und beim Transport von Mineralien in die Ozeane.
Jana Lasser hat dieses Thema im Rahmen ihrer Dissertation am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen bearbeitet. Betreut wurde sie von Lucas Goehring. Seit 2021 forscht Lasser am Institute of Interactive Systems and Data Science der TU Graz, wo ein substantieller Teil der Schreibarbeit sowie der vielen Überarbeitungen der Publikation für Physical Review X (PRX) getätigt worden sind. An der Publikation in PRX beteiligt waren neben Lasser und Goehring, der mittlerweile an der Nottingham Trent University forscht, noch Marcel Ernst vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen, Jo Nield von der University Southampton , Cédric Beaume und Mathew Threadgold von der University Leeds , Volker Karius von der Universität Göttingen sowie Giles Wiggs von der Oxford University.
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